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thoughts: Nein sagen

Wir leben in einer verkehrten Welt, soviel steht fest. Das war sie aber auch schon – die einzig sichere Tatsache. Alles andere ist verwirrend und mehrdeutig. Es geht darum, die eigene Kraft zwar auszuloten, aber sich nicht ausnutzen zu lassen. Anderen zu helfen, aber dabei nicht selber draufgehen. Sich abzugrenzen, ohne herzlos und kalt zu werden.

Manche von uns müssen lernen, hinter ihrem Egoismus herauszutreten und zu verinnerlichen, dass es auch noch andere Menschen gibt, und dass auch diese anderen Menschen – wer hätte das gedacht – eigene Grenzen und Bedürfnisse haben. Anders gesagt – vielen von uns fehlen immer wieder Einfühlungsvermögen und Hilfsbereitschaft. Aber um die soll es heute nicht gehen, sondern um diejenigen unter uns, die sich das Gegenteil aneignen sollten: nämlich das „Nein-Sagen“.

Warum sagen wir oft nicht „nein“?

  • Kindheit:

Ich bin kein Spezialist, aber ich denke, dass die Ursache teilweise in der Erziehung liegt. Wie war dieser Spruch nochmal?

„Zuerst lernt der Mensch sprechen und gehen, und dann – still zu sitzen und den Mund zu halten“.

Wir alle lernen ja in der Kindheit, den Regeln und Anweisungen anderer zu folgen und werden bestraft, falls wir es nicht tun. Leider führt es dazu, dass wir uns eben dies für immer merken: „wenn ich nein sage – werde ich bestraft oder mir wird die Liebe entzogen“. Wenn wir aber erwachsen werden und selber Entscheidungen treffen müssen, sollten wir aus dieser „kindlichen“ Haltung rauswachsen, nur leider fördert die Gesellschaft genau das Gegenteil. Im Berufsleben, aber leider auch in manch einer Freundschaft wird uns deutlich gezeigt, dass wir, wenn wir nicht brav folgen, ganz einfach von anderen ersetzt werden können. Ich finde, dagegen sollte man sich wehren. Niemand von uns wird wohl die Welt ändern oder retten, aber man sollte sich immer wieder mal überlegen: ist es mir das Wert? Ist mir ein „sicherer“ Job oder eine konfliktlose Freundschaft wichtiger oder mein eigenes Wohlergehen und meine eigene Lebenszeit?

  • Ehrgeiz:

Oft mischt sich zur Erziehungsprägung noch der eigene Ehrgeiz dazu, sodass man den Druck, der von außen auf einen einwirkt, übernimmt und meint: wenn ich jetzt „nein“ sage oder aus einer Sache aussteige, bin ich ein Loser und muss von mir selbst enttäuscht sein. Im Umkehrschluss müsste das aber heißen: nur diejenigen, die immer ja sagen und alles zu Ende führen, haben was drauf. Und das stimmt einfach nicht! Alle Menschen sind verschieden und auch die Energie und der Wille, sich Sachen hinzugeben, sind unterschiedlich bemessen, und das ist gut so! Man muss es nur akzeptieren und aufhören, sich mit anderen zu vergleichen…

  • Verantwortung und Schuldgefühle:

Manche von uns haben ein besonders stark ausgeprägtes Verantwortungsgefühl, was an sich etwas Schönes ist. Diese Menschen vergessen aber oft eines – das Verantwortungsgefühl soll einem selber genauso gelten! Wenn man für andere mehr sorgt als für sich selbst – ist man leider trotzdem verantwortungslos!

Dass Schuldgefühle absolut überflüssig sind, weil sie rein gar nichts besser machen, weiß hoffentlich eh jeder! Optimales Handeln entsteht aus Freude oder intrinsischer Motivation, nicht aus Schuldgefühlen.

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Angst vor Ablehnung überwinden

Um das zu lernen, müsste man sich erst seinen Ängsten stellen, die da wären: „Wenn ich nein sage, werde ich gefeuert/entfreundet/für einen schlechten Menschen gehalten“. Meist ist es nämlich komischerweise andersherum. Sind wir IMMER hilfsbereit und immer an Ort und Stelle, wissen das die Menschen leider nur in seltensten Fällen automatisch und von sich aus zu schätzen. Kenne ich aber genau meine eigenen Grenzen und halte sie mehr oder weniger konsequent ein – merken auch die anderen, dass man sich selber mit Respekt begegnet und bringen einem dann schon eher Respekt entgegen.

Sich richtig positionieren

Durch bittere Erfahrungen musste ich lernen, dass man sich – vor allem im Job – richtig positionieren muss. Apropos – ich hasse dieses Wort abgrundtief…
Sich nach aussen hin zu positionieren kann man aber nur, wenn man das mit sich selbst schon erledigt hat. Nur wenn man sich entschieden hat, ob und wieviel man sich von anderen sagen lässt, strahlt man auch genau das aus. Ausstrahlung schön und gut, aber im Zweifelsfall muss auch eine richtige Reaktion folgen. Wirst du im Job in einem unangemessenen Ton zurechtgewiesen, wehre dich sofort, denn lässt du es den Leuten ein paar Mal durchgehen, werden sie eine Änderung deiner Haltung nicht mehr kampflos annehmen.

Manchmal muss man sich sogar in einer Freundschaft positionieren. In dem Fall sollte man die Vor- und Nachteile abwägen und sich auch mal fragen, ob das überhaupt noch eine Freundschaft ist oder eher ein Wettbewerb…

Zusammenfassung:

Wer es lernen will,  „nein“ zu sagen, muss also in seinem Inneren anfangen. Die Kindheits-Schemata erkennen und in die Kindheit zurückverbannen. Seinen Wert nicht mehr (nur) an seinen Taten/Handlungen/Ansehen messen. Seine Grenzen rausfinden und für sich selbst Verantwortung übernehmen.

Danach folgt die Praxis – nämlich, sich im richtigen Moment zu besinnen, dass man einem Schema folgt, um dann – immer öfter – das Schema zu durchbrechen, indem man freundlich, aber bestimmt „nein“ sagt. Viel Freude beim Üben :)

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