You can sit with us!
Tschüß Komplexe, ade Selbstzweifel, hallo Statussymbol!
Die Mode-Events sind die neuen Schulhöfe, wo ich ab sofort nur noch erhobenen Hauptes erscheine, denn ja, ich gehöre nun, mit 36 (und damit meine ich nicht die Kleidergröße), endlich zu der High End Fashion Crowd.
Schluß mit der zuckersüßen Esra! Zeit für einen Imagewechsel! Wenn mich jemand anrempelt, während ich meine neue Dior Tasche ausführe, reiße ich ihm den Kopf ab, und zwar, ohne mit meiner Wimperextension zu zucken, und die anderen, die keine angesagten Designer spazierentragen, behandle ich wie Luft. Denn ja – ich bin nun offiziell was Besseres!
… und tatsächlich läuft das oben Beschriebene viel zu oft in der Modewelt so ab und die Arroganz geht Hand in Hand mit dem Besitz von Statussymbolen.
In meinem Business ist es nunmal so, dass man die Wirkung und das damit verbundene Image einer Errungenschaft auf jeden Fall mit bedenkt, allerdings muss ich zugeben, dass ich meine neue Tasche an sich toll und zeitlos finde, und auch die Tatsache, dass sie kein einfaches Logo, sondern quasi ein Wortspiel trägt – statt „J´adore Dior“ eben „J´adior“.
Aber weshalb ist plötzlich eine derartige Logo-Mania ausgebrochen?
Darüber entbrennen momentan viele mehr oder weniger fundierte Diskussionen. War es früher eher peinlich, mit großen Logos zu protzen, heißt es heute – ich trage meine BALENCIAGA / GUCCI / FENDI / VETEMENTS etc spazieren und alle sollen es sehen, damit sie mich bloß sofort in die richtige Schublade einordnen können, die da heißt – „dieses Fashion Victim hier liegt voll auf der Trendwelle und kann es sich auch leisten“.
Für die Marken ist es praktisch, denn das „gemeine Volk“ in den Social Media muss sich nicht mehr zwingend auskennen, um ein Kleidungsstück oder eine sogenannte IT-Tasche einem Designer zuordnen zu können, nein – man sieht das Logo schon fast aus dem Weltall, so groß und deutlich ist es. Das heißt wiederum, der Mechanismus – „See – want – shop“ funktioniert noch einfacher, auch wenn man meist in der „Want“-Phase steckenbleibt. Gutes Marketing! Aber ist das alles?
Meines Erachtens steckte in dieser Sache außer schlauem plakativen Marketing aber auch noch eine gehörige Portion Ironie dahinter, die allerdings meistens verkannt wird. Schauen wir erstmal, wer den Ganze eigentlich ins Rollen gebracht hat.
Seit Balenciaga seine Sachen mit dem Marken-Logo komplett bedruckt hat, ist auch bei anderen Designern die Logomania ausgebrochen. Balenciaga´s Creative Director Demna Gvasalia (seit 2016) ist auch über sein eigenes Haus namens Vetements bekannt. Bezeichnend ist schon der Name – denn wer nennst sonst seine Marke einfach „Kleidung“?? In unserer Zeit, wo es gefühlt schon alles gibt, ist es kaum noch möglich, was Bahnbrechendes zustandezubringen und zu provozieren, denn es gibt quasi fast keine Tabu´s mehr und kaum noch festgefahrene Dinge, die noch nie „auf links“ gedreht wurden. Noch vor 70 Jahren war es deutlich einfacher, zu empören, indem man Dinge gemacht hat, über die sich heute niemand mehr aufregen würde, wie zum Beispiel die Kunst von Andy Warhol, die zu seiner Zeit absolut bahnbrechend war. Ich will diesen Künstler nicht mit Demna Gvasalia vergleichen, mir geht es allein um den Effekt des Provozierens. Müsste ich Vetements mit einem Satz beschreiben, würde ich „Frechheit siegt“ sagen – und das meine ich nicht mal abwertend, sondern bin recht zwiegespalten angesichts dieses Phänomens.
Denn einerseits ist es wirklich eine Frechheit,
für Streetswear wie Tshirts und Hoodies solche Unsummen zu verlangen – andererseits ist Demna Gvasalia ein einzigartiger Vorreiter in seinem Metier – dank ihm sind nicht nur Logos (die übrigens auch einen dekorativ-grafischen Aspekt haben), sondern auch meine geliebten Sock Boots, geblümte Midikleider, Daunenjacken und vieles mehr zu einem riesigen Trend geworden, der sofort von Zara & Co hardcore nachgeahmt wurde und an den wir uns mittlerweile so gewöhnt haben, dass uns gar nicht mehr bewusst ist, wer das alles eigentlich ausgelöst hat.
Demna Gvasalia hat nicht nur Balenciaga entstaubt, sondern, man könnte sagen, die ganze Modewelt. Dank ihm ist jugendlicher Geist in Form von Streetwear (auch „Anti-Fashion“ genannt) nicht mehr von den Laufstegen dieser Welt wegzudenken – und ob jemand für ein Tshirt 600 oder 16 Euro ausgeben will, bleibt glücklicherweise jedem selbst überlassen.
Und was die Ironie und die Provokation hinter Vetements & Belanciaga betrifft – eine Provokation ist eben nur dann gelungen, wenn Menschen sich davon angegriffen fühlen. Und Ironie kann nun auch nicht von jedem sofort als solche erkannt werden, das liegt in ihrer Natur.
Ich habe mir den Kauf der Dior-Tasche sehr wohl und lange überlegt,
nur um diese ganzen Überlegungen am Vorabend meines Geburtstags über Bord zu werfen, denn eines wurde mir klar: so eine unvernünftige Handlung kann man mit nichts in der Welt rechtfertigen. Hätte ich das weiterhin versucht, wäre ich am nächsten Tag, mit meiner bunten Geburtstagsgirlande behängt, nicht in der neuen Dior Boutique in Berlin gestanden.
Und genau dort wurde ich für alle meine Zweifel mit einem intimen Moment entlohnt – trotz der ganzen Unvernunft, Dekadenz und Absurdität eines solchen Kaufs. Nämlich als ich den große Bilderband durchblätterte, der dort auf dem Tisch lag und der Mode von Dior von ihren Anfängen in den 40ger Jahren bis heute huldigte. Da spürte ich, wie mein Herz flatterte, denn die Mode ist immer noch mehr, als bloß arrogantes Schubladendenken und überhebliche Dekadenz. Und zwar immer dann, wenn sie durch ihre Kunst zu unseren Herzen spricht.
o ja:
Wenn du bei einem flüchtigen Blick aus dem Fenster die S-Bahn-Station erkennst, ohne das Schild zu lesen! Immer wieder schön <3
oje:
die Zeit vergeht so schnell!!! Das ist einfach zum Kotzen – hat jemand ein Rezept dagegen?? :(
gute Gespräche:
wurden mit Freunden und Fremden geführt und da ist einem eine Stunde wie fünf Minuten vergangen. Keine Übertreibung!
gefroren:
beim Shooten. Zum ersten Mal diesen Winter sind die Temperaturen unter Null gefallen, und das merkt man leider deutlich, besonders wenn man in einem Spitzenkleid bei Minusgraden unterwegs ist. Ich hatte richtig Schiss vor einer Blasenentzündung, aber bisher scheint es nochmal gutgegangen zu sein!
awkward moment:
Ich sitze in der Tram und tu so, als wäre es für mich nichts Besonderes, eine Dior Tasche auf dem Schoss zu haben?Erinnert mich ein bisschen an Turbulenzen im Flugzeug, wo ich immer versuche, nicht zu zeigen, dass ich gerade total scared bin, weil die anderen locker-flockig in ihre Zeitungen vertieft sind und gaaaaaar nicht merken, dass das Flugzeug so rumspringt, als würde es eine steinige Straße entlangfahren XD
I am wearing:
culottes: Zara sale
hoodie: Glamometer
boots: Mango
bag: Dior <3
cap: Zara
photos: Cary
editing: by me