Als junger Spund durch die Gegend zu hüpfen, hat durchaus große Vorteile, und damit meine ich nicht die optischen!
Die Schönheitsideale sollen mich heute ausnahmsweise mal ganz kalt lassen, ich möchte mich dem älter Werden bezogen auf die Einstellung widmen. Ich bin 35 und finde es schockierend, wie man sich im Laufe der Jahre innerlich - schleichend - verändert. Was passiert mit der Einstellung zum Leben? Mit der inneren Kraft? Mit dem Umgang mit seiner eigenen Intuition? Wie geht man mit Veränderungen um?
Veränderungen - das ist ein gutes Stichwort. Ich habe das Gefühl, dass sich Veränderungen früher leichter angefühlt haben, heute fühlen sie sich endgültiger an und das macht sie übermäßig schwerfällig. Früher dachte ich nie an die Zukunft, und wenn - dann ausnahmslos nur flüchtig und mit der Haltung "Das wird schon". Heute frage ich mich plötzlich, wie sich meine jetzigen Veränderungen auf die Zukunft auswirken mögen...
Wann hat sich die Sorge in mein Leben eingeschlichen? Wann hat mein Inneres diese feinen Risse bekommen, aus denen jetzt die zarten Jungpflanzen der Angst zu sprießen beginnen?
Dabei weiß ich genau - Angst ist in den meisten Fällen kontraproduktiv. Im Grunde es ist egal, ob alt oder jung - blöde Dinge werden einem immer passieren, und davor schützt keine Lebenserfahrung vollständig. Um das so zusammenzufassen - jungen Leuten passieren ärgerliche Sachen aus Gedankenlosigkeit, Unbekümmertheit, zu großem Vertrauen in falsche Dinge oder aus mangelnder Erfahrung - aber ist es richtig, daraus zu schließen, dass man als älterer Mensch diese Missgeschicke vermeiden kann? Nein! Älteren Menschen passieren sie TROTZ Erfahrung, trotz Vorsicht und trotz ewigem Abschätzen und Abwägen. Vielleicht seltener - aber sie passieren trotzdem, denn selbst mit Neunzig kann man nicht alles vorhersehen und im Griff haben. Und das Blöde ist - selbst die guten Zeiten, wo alles wie am Schnürchen läuft, verbringen die älteren Menschen oft damit, sich Sorgen zu machen und sich auszumalen, was wäre, WENN was Schlimmes passieren würde.
Anders ausgedrückt - vielleicht sparen ältere Menschen sich einige blöde Dinge, nutzen aber die gute Zeit, die dadurch entsteht, dazu, sich auszumalen, was denn in der Zukunft alles schief laufen könnte.
Wer in einem gewissen Alter frühere Jugendwünsche und Hoffnungen realisieren will, betrügt sich immer, denn jedes Jahrzehnt des Menschen hat sein eigenes Glück, seine eigenen Hoffnungen und Aussichten.
Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832) (Quelle)
Wann hat sich die Sorge in mein Leben eingeschlichen? Wann hat mein Inneres diese feinen Risse bekommen, aus denen jetzt die zarten Jungpflanzen der Angst zu sprießen beginnen?
Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste und sowieso besser als Nachsicht, blaaaaaaa, schön und gut - aber mal ehrlich, wenn man zwischen Porzellan und freiem Leben wählen kann, wer wählt da noch die olle Keramik, sei sie noch so fein? Ich bin doch früher auch irgendwie zurechtgekommen, habe Spaß gehabt und bin trotz eher extremer finanzieller Engpässe nicht verhungert? Und vorsichtig war ich dabei nicht mal im Traum?
Und trotzdem hat es sich mit den Jahren eingeschlichen, dass ich immer mehr Zeit damit verbringe, Angst zu haben und mir Sorgen zu machen, darüber, dass ich mir in der Zukunft noch mehr Sorgen machen würde und noch mehr Angst haben würde, und zwar weil ich Angst davor habe, Angst zu haben... STOPP! Es reicht! Es ist nämlich nicht nur eine Sache des Alters oder Charakters, sondern auch dessen, was man vorgelebt bekommt. Allein in meiner Familie überbieten sich alle im Schwarzmalen und Grübeln und knacken Kathastrophen, wie Nüsse. Eine nach der anderen. Ich will es anders haben.
Lieber ein Spatz in der Hand UND ein Taube auf dem Dach - oder nur ein Taube auf dem Dach! Wer weiß, ob das gut ist, wenn die Hände immerzu mit Spatzen voll sind? Dann kann man ja vielleicht nichts mehr greifen, ergreifen und begreifen?
Auch global und gesellschaftspolitisch betrachtet ist Angst ist das beste Werkzeug, um Leute gefügig zu machen - sieht man gerade sehr deutlich am "Wahlkampf" mancher Parteien. Lasst uns also Hoffnung und Vertrauen auf unsere Fahnen schreiben!
14 Comments
Fran
24. September 2017 at 13:44Jetzt musste ich grinsen, denn ich habe das genau andersrum erlebt. Als junge Frau habe ich Entscheidungen viel länger abgewogen, weil sie ja „den Rest des Lebens“ beeinflussen. Inzwischen vertraue ich mir selbst weit mehr – und wenn eine Entscheidung falsch ist, who cares, ich hab schon ganz andere Dinge er- und überlebt. Schwarzmalen ist eher charakter- als altersabhängig, denke ich. Oder ich kenne die falschen „alten“ Menschen ;-)
Liebe Grüße
Fran (52, also fast uralt)
Esra Blog
24. September 2017 at 14:04Liebe Fran, wow, danke für den sehr interessanten Kommentar! Dann ist es ja tatsächlich vielleicht gar nicht altersabhängig? Aber du sagst es ja auch, dass die Umgebung auch beteiligt ist. In meiner Umgebung sind viele leider sehr sehr negativ eingestellt und stehen allem, was ich sage oder tue, skeptisch gegenüber :/
lg
Kristina
24. September 2017 at 16:38Auch wenn ich langsam stark auf die 30 zugehe, konnte ich mir bisher zum Glück eine gewisse Leichtigkeit und Angstfreiheit erhalten, was sicher auch an dem starken Rückhalt meines Partners liegt. Aber wer weiß…wahrscheinlich ist stärkeres „Overthinking“ mit steigendem Alter ganz normal. Dein Kleid ist übrigens toll!
Liebe Grüße ♡Kristina
TheKontemporary
Milex
24. September 2017 at 21:16♥
Sassi
25. September 2017 at 09:11Liebe Esra,
was für ein toller und persönlicher Beitrag. Ich habe mich auch schon oft gefragt, ob mit Entscheidungen jetzt viel schwerer Fallen. Als Kind entscheidet man sich mit einem Fingerschnippen und egal wie die Entscheidung fällt, es ist irgendwie einfach richtig und gut. Es werden keine Gedanken an mögliche Problem vergeudet, sondern einfach weiter gelebt. „Es wird sich schon richten“ war immer mein Motto und jetzt? Ja jetzt denke ich ewig über alles nach und wäge ab…
Schon komisch, dieses alt werden…
Hab einen wundervollen Tag <3
Liebste Grüße,
Sassi
tanja
25. September 2017 at 11:18Maus ich werd nächstes Jahr 40 und ich kann dir nur eines sagen – enjoy your life every day^! es vergeht alles so schnell : xo
keine ANGST einfach machen!!!
tanja
http://www.tanjabock.com
nathalie
25. September 2017 at 12:56ein super beitrag meine Liebe!
Und die Bilder sind auch wie immer toll geworden :)
LG*
Nathalie von Fashion Passion Love ♥
Lavie Deboite
25. September 2017 at 23:51Wieder mal ein sehr schöner Beitrag von dir! Ich ticke gerade anders herum. Mit meinen 32 fange ich gerade erst an mutig zu werden. Keine Ahnung ob das gut ist und ob ich es vielleicht irgendwann bereue gewisse Schritte gemacht zu haben, aber wenn ich sie nicht mache werde ich es wohl nie erfahren. Und wenn man will, schafft man es am Ende doch aus jeder Situation wieder heraus wenn’s doch mal schief gehn sollte. Trotz allem finde ich es gut wenn man über Entscheidungen auch mal öfter nachdenkt und sie nicht einfach so über’s Knie bricht. Du bist in meinen Augen jedenfalls so tough, dass du das immer schaffen solltest und deinen Weg so oder so gehst :-)
Esra Blog
26. September 2017 at 01:07Liebe Diana, vielen Dank für deine Worte, das ist wirklich ermutigend <3 Und ich finde es echt cool, dass du etwas ausprobierst! Wenn nicht jetzt – wann dann? :D
lg
Andrea
26. September 2017 at 16:35Ich glaube ich war als Kind mehr besorgt als heute. Aber das hat auch seine Gründe :D
Tatjana
28. September 2017 at 16:41Liebe Esra, ich liebe deine Texte so:-) endlich mal kein Bla Bla und mit viel Leidenschaft fürs Schreiben. Du hast mich auf jeden inspiriert und zum Nachdenken bewegt :-) Danke dafür Lg Tatjana
Ruth
30. September 2017 at 15:20WOW, das ist ein wirklich ein sehr schöner Beitrag. Sehr schön geschrieben und sehr tiefgründig. Und krass, ich wusste gar nicht, dass du 35 bist. Ich dachte du bist so in meinem Alter.
Bei mir ist es so, dass ich vor manchen Dingen mehr Angst habe und vor anderen Dingen viel weniger. Wenn es um meine Sicherheit geht um Dinge, die ich nicht selbst abschätzen und beeinflussen kann, wie eine Achterbahnfahrt, davor habe ich mehr Angst als früher. Früher habe ich mich einfach reingesetzt und gemacht. Bei allen anderen Dingen ist es eigentlich eher so, dass ich viel selbstsicherer bin und mehr auf meine innere Stimme vertraue.
Liebe Grüße
Ruth
http://ruthgarthe.com
Tanja Gisele
15. Januar 2018 at 11:06WOOOOOWWWWWW, ein Hoch auf Dich und Deine Blogeinträge. Ich feier Dich …. ich folge Franziska und bin wirklich durch Zufall auf Dich gestossen. Ich finde Deine Art – wie ich bereits erwähnt habe, echt großartig. Es macht Spaß, Deine Blogeinträge zu lesen… ich muss mir dafür einfach mehr Zeit nehmen und die der Reihe nach durchgehen. Ich wusste gar nicht, wo ich anfgangen soll :-)
Ich bin selber so ein Newcomer in der Blogger szene und hab gemerkt, dass es gar nicht so einfach ist… leider lebt hier in München jeder für sich und gibt niemandem gute Ratschläge mit auf den Weg. Aber egal, ich boxe mich jeden Tag aufs Neue durch und lerne dazu. Aber Deinen Blog finde ich so inspirierend und die Tatsache, dass Du erst 35 Jahre jung bist, noch interessanter. DANKE Esra, für diese Bereicherung.
Mach weiter so!
LG
Tanja Gisele
Esra Blog
15. Januar 2018 at 18:54Liebe Tanja, so schön, dass du hierhergefunden hast! Herzlich willkommen und riesen Dankeschön für die lieben Worte!! Ich wünsche dir ganz viel Spaß beim Stöbern und freue mich über jeden Kommentar <3 :)
Hab einen schönen Abend!
lg