Heute geht es um Sex!
Kaum zu glauben, aber auch mein Leben besteht nicht ausschliesslich aus Shootings, Shopping und Essen. Es gibt auch einige andere Themen, die hier auf dem Blog normalerweise ausgeklammert werden.
Der Auslöser dafür, dass ich die „schönste Nebensache der Welt“ heute doch mal thematisiere, war eine Anfrage einer Buchrezension. Niemand geringerer, als die Nina Wagner von „Im Gegenteil“, versuchte sich als Autorin.
Das erste, was mir dabei durch den Kopf ging, war das Wort „oje“. Gleich im Anschluss folgte „Ach ja, schlimmer als `How to be Parisienne` wird es schon nicht sein!“ War es dann auch nicht :D
Hand aufs Herz – wer ist unzufrieden mit seinem Sexleben?
Warum gibt es so viele Tabus, wo wir uns doch für so aufgeschlossen halten? Wieso kann man gerade mit dem Menschen, der einem am nächsten steht, so oft nicht direkt über seine Bedürfnisse und Wünsche reden?
Gewiss hat es noch immer mit den festgefahrenen Geschlechterrollen zu tun, aber auch mit der eigenen Unsicherheit. Die wiederum resultiert oft aus dem fehlenden Selbstbewusstsein, der echten, wahren Selbstliebe. Wieso kasteien wir uns selbst so oft und halten uns für nicht ausreichend?
Die wichtigste Message des Buches:
Wir müssen dringend lernen, uns so zu mögen, wie wir sind! Das ist der Schlüssel zum erfüllten Sexualleben! (Ich ergänze: aber auch der Schlüssel zum erfüllten Leben überhaupt). Weniger denken, was andere von uns halten – mehr unsere Wünsche und Gefühle kommunizieren – und im gleichen Atemzug aushören, über Andere zu urteilen! Toleranz anderen und sich selbst gegenüber sollten die Grundpfeiler unseres Lebens sein.
Aber von vorne.
AUFBAU
Das Buch wechselt zwischen theoterischen Abschnitten und Erfahrungsberichten.
Die theoretischen Teile sind eine Art Zusammenfassung von dem jeweiligen Thema, z. B. gesellschaftliche Normen / Verhältniss zum eigenen Körper / Sex Toys / Dates (in real life und auch online) / Verhütung / Sex Talk / Periode / Stellungen / Tabus und Grenzen.
Die Stories dazwischen sind wie Erfahrungsberichte einer (ehrlichen und aufgeschlossenen) Freundin, die endlich mal alles ausspricht, was man selber schon oft gedacht hatte, aber meinte, dass es nur einem selber so geht. Zum Beispiel, so eine banale Sache, wie dass beim Küssen manchmal die Köpfe aneinanderschlagen bzw die Nasen im Weg sind :D Das sind ja so kleine Verlegenheitsmomente, die wohl jeder von uns in irgendeiner Form schon mal hatte. Allerdings gibt es ganz verschiedene Berichte, sowohl von der ersten richtig langen Beziehung als auch von einer misslungenen BDSM-Erfahrung.
Lieblings-Zitate:
- „Ich bin Single und suche nach keiner festen Beziehung. Nein, ich verdränge keine Sehnsucht, die mich insgeheim auffrisst und ja, genau diese Unterstellung nervt gewaltig“ (S. 69)
- „Alle sind auf der Suche. Nach Selbstverwirklichung, nach Großstadtluft und Anonymität, nach Jobs, nach Liebe, nach Grenzerfahrungen. Deswegen zieht man aus seiner miefigen Kleinstadt oder Dorf nach Berlin. Weil man hier das Gefühl hat, machen zu können, was man will. Kann man auch. Und die meisten sind dabei einsam. Weil man die Lücken zwischen dem schlecht bezahlten Studentenjob, der Uni und den Partys nicht füllen kann. Weil sich die meisten Menschen selbst nicht ertragen. Und deswegen eben auch versuchen, ihr Leben durch Lifestyle zu definieren“ (S. 102)
- „Es gibt so viele Männer, die bei Tinder angemeldet sind und rumvögeln wollen, aber trotzdem mit der Vorstellung nicht klarkommen, dass die Frauen, die bei Tinder sind, haargenau das Gleiche wollen. … Jedenfalls gibt es immer noch genug Typen, die trotz Fick-App lieber die unerfahrene Lolita kennenlernen wollen statt der erfahrenen Frau, die viel Sex hat“ (S. 112) (- krass! Diese Doppelmoral könnte mich so aufregen!)
- „… meine männlichen Mitschüler sorgten damals mit ihren endlos dummen Kommentaren dafür, dass jede von uns ihre Periode als etwas Negatives wahrnehmen musste. Man hat echt keinen Bock, dem Sportlehrer zu sagen, dass man Unterleibsschmerzen hat, (…) wenn man sich dann Sprüche anhören muss wie „Die ist zickig, hat wohl ihre Tage“ oder „Warum bluten Frauen einmal im Monat? Weil sie es nicht anders verdient haben!“ (…) Wie soll man denn als heranwachsende Frau lernen, mit seinem sich verändernden Körper umzugehen, wenn das schon von vornherein so erschwert wird, weil Männer anscheinend erst recht nicht damit umgehen können und dann auf sexistische Abwertungen zurückgreifen müssen?“ (S. 130)
- „Ich frage mich ja oft, in welchem Jahrhundert wir eigentlich leben, dass es immer noch so wichtig ist, wen wir wie vögeln. Ob ich mit Männern oder Frauen oder mit lila Monstern schlafe, wenn sie sich als diese definieren, ist doch allein mir überlassen und hat allen anderen egal zu sein“ (S. 176)
FAZIT:
Keine literarische Meisterleistung – aber ein guter, sehr ehrlicher Ratgeber, weil es eben keiner ist. Ich finde dieses Buch feministisch im guten Sinne. Denn es regt uns, Frauen des 21. Jahrhunderts, an, endlich die Selbstzweifel und das begrenzte Denken sein zu lassen und anzufangen, zu uns zu stehen. Genau so, wie wir sind. Wir sollen uns von der Gesellschaft nicht mehr vorschreiben lassen, wie genau wir zu funktionieren haben (auch im Bett!) und wie wir auszusehen und uns zu verhalten haben.
Wir sollen das machen, was wir gerne machen würden. Wir sollen den Mund aufmachen und nicht nur immer von Männern erwarten, dass sie unsere Gedanken lesen. Wie sollen sie uns ernst nehmen und als Gleichberechtigte behandeln, wenn wir es nicht mal SELBST schaffen?
Das Buch ist HIER erhältlich!
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