Zara ist unter High-Street-Ketten das,
was ich gerne als Blogger unter Bloggern wäre (Ausbeutung der Arbeitskräfte ausgenommen): ein ganz ganz großer Teil der Kollektionen ist sehr ausgefallen, geht bei dem Durchschnitts-Kunden aber trotzdem wie heiße Semmeln weg. Wie schafft Zara den Spagat zwischen neuesten Trends, die vom Mainstream erstmal als nicht tragbar empfunden werden, und dem krassen Abverkauf bei genau diesem Mainstream – das frage ich mich immer wieder!
Seit Jahren und Jahrzehnten gelingt es Zara, den heißesten neuesten Scheiß mit Lichtgeschwindigkeit zu kopieren, dabei so abzuwandeln, dass die Herstellung billig ist (andere Stoffe/Schnitte als bei Originalteilen) und in tollen Stylings zu präsentieren. Die Arbeit der Stylisten, die die Lookbooks und Campagnen auf die Beine stellen, ist bemerkenswert und könnte (optisch gesehen) auch von einem großen Designer-Haus stammen. Natürlich werden dabei nicht nur die Klamotten selbst, sondern auch die Stylings abgekupfert, und auch was Settings und Stimmungen auf den Bildern und sogar die Wahl der Models angeht – lässt sich der Textil-Gigant reichlich von anderen „inspirieren“.
Trotzdem (oder gerade deswegen) ist Zara es allemal wert, genauer unter die Lupe genommen zu werden, denn seit ich zum ersten Mal mit ca 16 Jahren in diesen Laden reingegangen bin, war ich ihm restlos verfallen… Das erschreckt mich oft, zumal ich ja genau weiß, wie unglaublich schlecht die Arbeitsbedingungen sind, bei den meine geliebten Klamotten hergestellt werden – aber das Sortiment, die Marketing-Strategie, der sehr ansprechend gestaltete Onlineshop, blendend funktionierende App und die atemberaubenden Campagnen haben mich fest im Griff und sorgen seit Jahren immer wieder für Begeisterung. Erst in letzter Zeit shoppe ich NICHT mehr vorzugsweise bei Zara – schau mich aber dort immer gerne um.
Legen wir also los!
Entstehung
Zara, die erfolgreichste Modekette noch weit vor H&M gibt es erst seit 1975, wurde gegründet vom mittlerweile 81-jährigen Amancio Ortega Gaona, dem seit Jahren reichsten Europäer und viertreichsten Mann dieser Erde! Zara ist dabei nur eine der insgesamt acht Labels, die ihm gehören. Der Mann hat ein äußerst kostenspieliges, aber auch ein sehr gewinnbringendes „Hobby“ – er kauft die besten und teuersten Immobilien weltweit, die mittlerweile zusammen einen Wert von 10 Milliarden (!) Dollar ergeben und die er teilweise an sein eigenes Zara, aber auch Firmen wie Apple, Gucci und sogar an seinen Konkurrenten H&M weitervermietet! (Welt.de)
Crazy Facts:
- Es gibt 7000 Zara-Läden weltweit
- Zara beschäftigt insgesamt 150000 Mitarbeiter
- Zara in Deutschland gibt es erst seit 1999
- Nach dem Druck seitens Greenpeace produziert Zara tatsächlich ohne Risiko-Chemikalien und will bis 2020 komplett chemikalienfrei werden (Quelle)
- Zara-Gründer Ortega hat kaum Medienpräsenz – z. B. gibt es von ihm kein einziges Interview!
- 2011 wurde die Hälfte der Zara-Kleidung noch in Galizien hergestellt, und die andere Hälfte in Asien (ich befürchte, mitterweile wird wohl viel mehr als die Hälfte in Asien hergestellt, aber dazu fand ich leider keine aktuellen Informationen).
Zara´s Erfolgsgeheimnis
Welt.de sagt: „Das Erfolgsgeheimnis von Zara und Co. ist selbst für Experten nicht so leicht erklärbar. Ein Grundsatz von Ortegas Unternehmensstrategie bestand darin, alle Schritte der Modebranche – das Design, die Herstellung, den Vertrieb und den Verkauf – unter einem Konzerndach zu vereinen.“
Und das macht Zara (bzw. Inditex, das Mutterkonzern) so schnell! Von der Designidee bis zum fertigen Kleidungsstück, das in einem der Stores hängt, vergehen nur unglaubliche zwei Wochen!
Zara informiert sich über internationale Modeschauen und checkt Kritiken der wichtigsten Meinungsmachern der Branche. Danach erstellen Zara`s Designer Entwürfe (besser gesagt, klauen die besten Ideen), die bald danach in den Geschäften hängen, und zwar schneller, als andere Modeketten „Hilfe“ sagen können ? Die Designabteilungen tauschen sich auch ständig mit den Geschäftsführern jeweiliger Länder aus, und reagieren sofort auf Kunden-Vorlieben. Die Ware wird „just in time“ geliefert, oder auch zwischen den Filialen ausgetauscht. Auch dadurch, dass Zara dem kaufwütigen Volk in super kurzen Abständen (alle 3 Wochen!) immer wieder neue Kollektionen zum Fraß vorwirft, werden die Begehrlichkeiten immer wieder aufs Neue entfacht.
Außerdem: ist es euch schon mal aufgefallen, dass ganz neue Sachen, die gerade erst auf die Verkaufsfläche kamen, nach einer Woche oft nicht mehr im Geschäft hängen? Das ist die Verknappungs-Strategie von Zara. Der Kunde lernt, dass die Kleidungsstücke oft sehr schnell weg sind, und sieht sich eher gezwungen, diese sofort mitzunehmen, als wenn er wüsste, dass die noch lange im Geschäft hängen werden. (germancopycats.wordpress.com) Außerdem ist limitierte Ware exklusiver und somit begehrter.
(Ein Tipp: diese Sachen sind meist gar nicht ausverkauft, sondern nur „versteckt“! Es lohnt sich, das Personal zu bitten, im Lager nachzusehen).
Und, schon mal Zara TV-Werbung gesehen? Nein? Es gibt ja auch keine! Auch sonst – keine Plakate, keine Anzeigen in Zeitschriften, kurzum – Zara spart Werbebudget und setzt auf Mund-zu-Mund-Propaganda und darauf, dass die Läden, ihre Lage (meist in nobelsten Gegenden der Stadt), die Ware, die Schaufenster und die günstigen Preise für sich sprechen. Scheint zu funktionieren ;)
Demokratisierung der Mode oder schlichtweg Design-Klau?
Süddeutsche schreibt: „Selbst die spanische Vogue betreibt eine Online-Seite namens „Devil wears Zara“, wo unter dem Motto „Attacke der Klone“ die frechsten Kopien den Originalen gegenübergestellt werden: Fendi, Céline, Miu Miu, Seite an Seite mit ihren günstigeren Klonen.“
Auch auf dieser Seite kann man in direkten Bild-Vergleichen Originale und Kopien sehen, auch welche von High-End-Labels denn auch die schauen immer wieder was voneinander ab!
Es gab etliche Skandale, weil Zara immer wieder mal ZU dreist abkupfert, und dennoch können Menschen, die nicht so viel verdienen, sich etwas leisten, was „nach Laufsteg“ aussieht. Klar, die ganze Vorgehensweise ist alles andere, als nachhaltig – allerdings wollte ich mit meinem Post heute ausnahmsweise mal NICHT meine Meinung zum besten geben, sondern ein paar spannende und hoffentlich unterhaltsame Fakten zum Mode-Riesen Zara beleuchten.
Denn ob man Zara liebt, kritisch sieht, verurteilt oder auch alles auf einmal – ignorieren kann man es nicht.
17 Comments
Melanie
21. Mai 2017 at 08:35Zara mag ich auch sehr. Coole Stücke und coole Designs. Und vieles ist ja ruck-zuck ausverkauft und so suche ich oft bei eBay nach diesen Stücken (die leider zu hohen Preisen verkauft werden). :-*
Melanie / http://www.goldzeitblog.de
Esra Blog
21. Mai 2017 at 12:50Liebe Melanie, wie gesagt – manche der „ausverkauften“ Sachen sind gar nicht ausverkauft, sondern werden versteckt – manchmal kommen die dann beim Schlussverkauf wieder ans Licht und man wundert sich :)
lg
Dani
21. Mai 2017 at 08:44Wow! Toller Beitrag liebe Esra!
Super zu lesen und super interessant.
Zara hat auf mich eine magische Anziehung, aber in Anbetracht der schlechten Arbeitsbedingungen sollte ich mein Zara-Konsumverhalten vielleicht überdenken.
Liebe Grüße Dani
Esra Blog
21. Mai 2017 at 12:49Liebe Dani, mir geht es genauso!! Und freut mich, dass der Post dir gefallen hat :)
lg
Lisa
21. Mai 2017 at 10:12Ein wirklich super toller und sehr Interessanter Beitrag. Ich persönlich liebe es bei Zara einzukaufen. Es gib wirklich so tolle Sachen.
Ich wünsche Dir einen tollen Sonntag.
Liebe Grüße Lisa <3
http://www.hellobeautifulstyle.blogspot.de
Tina von Tinaspinkfriday
21. Mai 2017 at 11:47Jap genau, alles abgekupfert. Das stört mich jetzt nicht sonderlich. Eher die schlechten Arbeitsbedingungen. Sarah und ich schlendern oft einmal die Woche durch unseren Zara, Recherchezwecke :)) und ganz entziehen kann man sich ja nicht. Okay ich schon, ich passe nicht rein. Aber die haben ja auch tolle Taschen und Schuhe! Aber nicht nur die Arbeitsbedingungen bei der Herstellung sind oft katastrophal… gestern als ich eine Taschenbestellung im Laden abgeholt habe, war die arme Verkäuferin heillos überlastet. Total unterbesetzt, wie sie erklärte, die Arme. Ich hab ihr geraten sie soll sich mal irgendwo ne halbe Stunde verstecken und Pause machen… Jap Zara ich bin schuld dran! ;)
Total uncool ist es auch, dass zumindest bei uns im Laden, viiiiiiele der Klamotten wirklich auf dem Boden liegen. Kreuz und quer, alles mal vom Bügel gerutscht tritt sich das dann platt. Überhaupt nicht schön. Solltet ihr euch also mal über Fußspuren auf den Klamotten wundern, nein das gehört nicht zum Design.
Toller Post Esra, danke fürs recherchieren.
Schönen Sonntag, liebe Grüße Tina
Esra Blog
21. Mai 2017 at 12:48Liebe Tina, hahaha „Fussspuren gehören nicht zum Design“, das hast du gut gesagt!! Ja, ich finde es auch sehr schade, wie mit Klamotten bei Zara umgegangen wird – und wie es dort mit Menschen umgegangen wird… Die Firma ist SO reich, da könnte man ein bisschen was in die Löhne investieren – aber nein, diese bescheuerte Gewinnmaximierung steht immer an erster Stelle – zum Kotzen!!!
Und recherchiert habe ich gern, war wirklich super spannend!! <3
lg
Tina von Tinaspinkfriday
21. Mai 2017 at 14:56Esra genau! Die Konzerne sind doch eh schon so reich. Genügend Mitarbeiter einstellen die gut bezahlt werden. Die Näher fair bezahlen! Das wär spektakulär :) LG
Bärbel
21. Mai 2017 at 15:52Doch, man kann ZARA auch ignorieren. Online habe ich mal etwas bestellt und war sehr zufrieden. Dann hatte ich im Sommer 2015 ein Erlebnis bei ZARA in der Mall of Berlin und seit dem kann ich sehr gut daran vorbeigehen. Klamotten (auch angesagte Looks) gibt es ja wirklich an jeder Ecke genug und es gibt auch schon genug Blogger, die bei ZARA kaufen, da kann ich ruhig wegbleiben. Es wird die zwar nicht stören, aber ich kann immer so tun, als würde ich die Klone hassen oder nur auf Nachhaltigkeit stehen und die Herstellung- und Arbeitsbedingungen verabscheuen…aber in Wahrheit habe ich einfach anderen Marken lieber.
Liebe Sonntagsgrüße
Bärbel
Steffi
21. Mai 2017 at 16:18Liebe Esra …
ich liebe diese Art von Blogpost – amüsant und unterhaltsam was dazu gelernt – toll!
Auch hier in Dortmund gibt es ZARA und ehrlich gesagt geh ich manchmal nur rein, weil es auf Instagram so gehyped wird. Ich habe dort (warum auch immer) bisher kaum etwas gekauft. Ich bin totaler H&M Fan. Trotzdem hab ich jetzt nach Deinem Beitrag hier richtig Lust, bei Gelegenheit mal wieder bei Zara reinzuschauen. Und dann werde ich sicher an Dich denken müssen. :)
Ich wünsche Dir einen wunderschönen Sonntag!
Liebste Grüße.
<3
Steffi
http://www.tephora.de
Verena
21. Mai 2017 at 18:54Super interessanter Artikel! Ich gehöre auch zu den Zara Shopaholics und fand es unglaublich spannend mal mehr über die faszinierende Modekette zu erfahren!
Danke dafür!❤️
Xx
Verena | http://www.my-philocaly.com
Sassi
22. Mai 2017 at 08:05Ja genau wie du bin auch ich diesem Label immer wieder verfallen. Es ist einfach so praktisch in den Laden zu gehen und ruck-zuck einfach einen gesamten coolen Look zu haben. Da ich bereits in der Schule ein Referat über Zara bzw. das Modeimperium dahinter gehalten habe wusste ich, dass der Besitzer ein ziemlich reicher Mann ist. Dass seit diesem allerdings knapp 3000 weitere Läden aus dem Boden gestampft wurden ist der helle Wahnsinn.
Was auch dahinter steckt: Es funktioniert!
Trotzdem kaufe ich mittlerweile eher weniger dort.
Danke für diesen sehr interessanten Beitrag.
Liebste Grüße
Sassi
Esra Blog
22. Mai 2017 at 16:00Liebe Sassi, ich war auch echt geschockt! Angeblich macht jeden TAG ein neuer Zara Laden irgendwo auf!! ?
lg
*thea
22. Mai 2017 at 10:16Liebe Esra, auch ich war früher ein riesen Zara-Fan aber nicht nur das, allen Inditex-Läden war ich hoffnungslos vefallen – bei jedem Kurzurlaub musste mindestens ein Bershka Besuch mit drin sein, weil es das in Deutschland nicht gab. Seitdem ich aber mehr auf Nachhaltigkeit achte, versuche ich nicht mehr in Highstreet-Ketten zu gehen – und meide Zara, Mango und H&M. Das Problem sind einerseits die schlechten Arbeitsbedingungen – aber auch der Fast-Fashion Gedanke – ständig so viele neue Klamotten zu kaufen, die ich oft dann noch mit Zettel in meinem Schrank gefunden habe -davon versuche ich mittlerweile wegzukommen – lieber in einen mit Herzblut geführtes lokales Lädchen gehen oder sowas wie Kauf dich Glücklich – auch wenn es mittlerweile ja auch eine Art Kette ist und versuchen ausgewählte Lieblingsstücke zu finden. Toll finde ich, dass du in deinem Text beide Seiten positiv wie auch negativ erwähnt hast. lIebe grüße *thea
Esra Blog
22. Mai 2017 at 16:00Liebe Thea, du hast absolut recht! Ich hoffe, ich kann bald auch von den ganzen fast fashion Ketten wegkommen …
lg
Babbacani
8. Juni 2017 at 10:14Hi Esra, ich schmökere mich gerade so durch deinen Blog, jetzt finde ich diesen tollen Artikel! In der Tat habe ich mir auch schon über eine ganz ähnliche Brand Gedanken gemacht, die zwar nicht besonders günstig ist, aber dafür seinen Namen als High End Label mehr als verdient hat: Stone Island. Vielleicht magst du ja mal vorbeischauen und mir deine Gedanken dazu sagen: https://babbablog.de/strassenmode/stone-island-alles-was-du-wissen-musst .
Esra Blog
8. Juni 2017 at 12:27Hi Liebes und vielen Dank für deinen Kommentar <3
Das Label wäre genau was für meinen Freund <3
lg
Esra