Leben Lesen

Liebe?

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„Tatsächlich hat man uns so erzogen“, fuhr Thibault lebhaft fort. „dass wir auf die kleinen und großen Frustrationen, die mit einer festen Beziehung verbunden sind, nicht vorbereitet wurden.“
„Meinst du wirklich?“, fragte Jean-Robert.
„Klar, zum Beispiel ist die leidenschaftliche Liebe total aufgewertet worden. „
„Du meinst, wir erliegen alle der Idee der Amour fou, des Nicht-voneinander-lassen-Könnens, der gegenseitigen sexuellen Anziehungskraft?“
„Wenn du es so nennen willst … Aber jeder weiß doch, dass die Liebe nicht ewig nach diesem Prinzip funktionieren kann.“
„Das ist leider wahr“, meinte Jean-Robert; er goss sich Wein nach und füllte auch Uliks Glas von Neuem.
„Und dann werden wir sehr früh ans Alleinsein gewöhnt. Die meisten jungen Leute ziehen bei ihren Eltern aus und leben ein paar Jahre allein. Sie nehmen die Gewohnheiten eines ungebundenen Lebens an; Sie machen, was sie wollen und wann sie es wollen, und hinterher fällt es ihnen umso schwerer, die Kompromisse eines Lebens zu zweit zu ertragen.“
„Ach“, sagte Jean-Robert, „es macht aber auch solchen Spaß, auszugehen, wann immer man möchte. Oder zu frühstücken, ohne reden zu müssen…“
„Siehst du, viele Frauen würden das Gleiche sagen. Und wenn man Kinder hat, gilt das alles erst recht. Um ein Kind muss man sich Tag um Tag kümmern, und auch dabei muss man fähig sein, Enttäuschungen wegzustecken und sich Zwängen zu unterwerfen, man darf den eigenen Bauchnabel nicht zum Zentrum der Welt machen – kurz und gut, man muss Opfer bringen. Und dazu sind wir immer weniger imstande.“
Ulik begann zu begreifen: In der Gesellschaft der Kablunak (Franzosen) war die Freiheit jedes Einzelnen ein hoher Wert, und so ertrugen viele Männer und Frauen den Freiheitsverlust, der mit dem Heiraten oder Kinderkriegen verbunden war, nicht mehr. Also hörten die Leute auf zu heiraten oder trennten sich bald wieder, und nur noch wenige wünschten sich Kinder. Vielleicht würden sie eines Tages ein ebenso kleines Häufchen werden wie die Inuit?
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Das ist ein Auszug aus dem Buch „Im Durcheinanderland der Liebe“ von Francois Lelord. Ich habe das Buch noch nicht gelesen, nur diesen Auszug gefunden. ich muss sagen, das bringt es, meiner Meinung, genau auf den Punkt.
Außerdem ist es eh ein Thema, was mich zur Zeit etwas beschäftigt.
Noch dazu kommt, dass ich krank geworden bin und mit Halsschmerzen, die mir die Kehle durchzuschneiden scheinen, zuhause bleiben muss. Also weiß ich nicht genau, wann ich wieder einen Outfitpost schaffe…
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Was denkt ihr darüber??

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10 Comments

  • Reply
    Sophie
    16. Oktober 2011 at 04:44

    Ich sehe das genau so (:
    Dieses Buch spricht mich allerdings auch sehr an, ich glaube ich werde es mir mal demnächst im Buchhandel oder so näher anschauen (;

  • Reply
    Sherry
    16. Oktober 2011 at 07:32

    Ich denke darüber ähnlich wie der Autor es vermuten lässt. Dass es so sein kann, dass Verantwortung nervt, dass Leidenschaft sich in etwas anderes wandelt, für das wir blind sind, das aber viel tiefer ist, viel resistenter gegen die Welt da draußen und Schutz und Geborgenheit bieten kann, dass Kompromisse mit dem Partner zu schließen harte Arbeit ist, die Arbeit, die Welt außerhalb des Egos betrachten zu können. Und dass alles einfacher ist als das Akzeptieren und liebevolle Hinnehmen, ohne es (den Mann, das Leben, das Kind) auszutauschen wie kaputte Ware. Alles ist einfacher als das. Das Single-Leben, das Habenwollen für sich alleine, das Nicht-Reden-Müssen am Frühstückstisch, das Nicht-Kochen-Müssen und vor allem: Keine Verletzungen, keine Beziehungsgespräche, kein gar nichts. Und trotzdem gehöre ich zu den Menschen, die nicht der Meinung sind, dass die Schönheit des Lebens in der uneingeschränkten Handlungsfreiheit liegt. Denn sie bringt einem nicht lange etwas für sich alleine. Irgendwann kommt immer der Punkt, in dem Freunde und Freude, Partiys und Handtaschen nicht ausreichen.

    „Vielleicht würden sie eines Tages ein ebenso kleines Häufchen werden wie die Inuit?“

    ***************
    Gute Besserung.

  • Reply
    peelia
    16. Oktober 2011 at 10:01

    Ich denke sehr ähnlich: in unserer Welt scheint es, als müsste „Liebe“ einfach funktionieren, ohne großen Aufwand, das Gefühl weist die Richtung und wenn es weg ist, orientiert es sich neu. Ganz einfach? Nein, gar nicht einfach.

    Ein bisschen Kampf gehört dazu: gegen seine eigene Bequemlichkeit und die vielen Märchen, die man geglaubt hat, dabei darf man aber den Glauben an etwas Besonderes nicht verlieren. Ja und dann, dann klappt es vielleicht :)

    Mal kurz meine Lebensweisheit zusammengefasst..

  • Reply
    Joe
    16. Oktober 2011 at 17:20

    Hi Esra,

    danke für deinen super lieben Kommentar.
    Der Buchauszug ist wirklich gut gewählt.
    Die richtige Balance zwischen Freiheit, Liebe, Zuneigung und Zweisamkeit zu finden ist ein schwieriges Unterfangen, was wohl nur den wenigsten gelingt.

    Grüße ♥

    >> little girl in big city <<

  • Reply
    Liebeszitate
    16. Oktober 2011 at 23:27

    Die auf Partnerschaft und Kinder verzichten reden immer von Freiheit. Aber wenn man sie anschaut, wirken sie oft sehr unfrei.

    • Reply
      Esra
      16. Oktober 2011 at 23:31

      @ Liebeszitate: inwiefern wirken sie unfrei? Würde mich schon ein bisschen ausführlicher interessieren! :-)

      @ alle: danke sehr für eure Meinungen!!

      LG
      Esra

  • Reply
    Kathi
    17. Oktober 2011 at 08:04

    Liebe Esra,
    ich finde, in der heutigen Welt gibt man zu schnell auf, wenn die Partnerschaft nicht exakt so funktioniert, wie man es sich vorstellt. Viele wollen sich einfach nicht mehr anstrengen, damit eine Liebe hält und eine Beziehung funktioniert. Einfacher ist es doch, nur an sich denken zu müssen, nur seine eigenen Bedürfnisse zu kennen und zu stillen. Und schon damit hat Mann oder Frau von heute genug zu tun, denkt man doch an all die Werbungen und Plakate, was man nicht alles braucht zum Glücklichsein. Tolle Mode, Taschen, Schuhe, modernes Handy, Besuch in Szenebars, Erfolg im Job. Wo bleibt da noch Raum für einen Partner?

    Die Verliebtheit vom Anfang wandelt sich von der rosaroten Brille in Liebe, doch tut sie das nicht einfach so von alleine. Das bedarf einer Menge Arbeit. Hat man es aber geschafft, so ist die Liebe viel stärker als Verliebtheit es je sein könnte.

    Vielleicht meint Liebeszitate, dass diejenigen ohne Partner und ohne Kinder in Wirklichkeit unfrei sind, weil sie so sehr darauf fixiert sind,frei zu sein, dass sie davon bereits gefesselt sind. Auch von der Welt ohne Familie kann man gefesselt sein und seine echte Freiheit gegen Zwänge der Gesellschaft, der Arbeit und der Modewelt tauschen.

    Sehr interessantes Thema!
    LG
    Kathi

  • Reply
    Sherry
    17. Oktober 2011 at 15:26

    Liebe Kathi,

    das hast du sehr schön geschrieben …

  • Reply
    Kathi
    17. Oktober 2011 at 19:38

    Dankeschön liebe Sherry!

  • Reply
    Mrs Big
    18. Oktober 2011 at 09:49

    „Freedom is just another word for nothing left to lose“ – Janis Joplin

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