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thoughts: Ihr Blogger macht doch außer paar hübschen Bildern nix!

Es ist Sonntag Mittag, ich bin gerade heim gekommen (ich arbeite jeden Sonntag Vormittag in meinem Hauptberuf). Die Nacht war kurz, denn gestern Abend war ich auf einem Event, welches erst um 22 Uhr losging.

Ich stelle den Kaffee hin und koche ein Ei. Während es kocht, räume ich alles vom Bett weg und lege meinen Fotohintergrund drauf – ein Brett aus dem Baumarkt, beklebt mit weißem Laminat. Ich schau mich um – was nehme ich jetzt als Requisiten für mein Instagram-Frühstücks-Bild? Währenddessen klingelt mein Laptop – eine Mail ist reingekommen. Eine Kooperationsanfrage! Hmmm, mal wieder viele Richtlinien, wenig Geld – das Beantworten nehme ich mir für später vor, denn der Kaffee ist fertig.

Ich schenke den Kaffee ein, schnappe mir eine meiner Zeitschriften und meine neue Ikea-Sukkulente und drapiere das ganze auf dem Brett. Dann schiebe ich einen Stuhl vors Bett, steige drauf und mache ein paar Bilder mit der Kamera aus der Vogelperspektive. Mann, ist es wieder düster draussen! Naja, dann wird halt ISO hochgeschraubt.

Während ich den inzwischen lauwarmen Kaffee trinke und das lauwarme Ei esse, kopiere ich dir Bilder auf den Computer und schicke sie mir per Telegram aufs Handy. Dort bearbeite ich es mit Facetune und lade es bei VSCO rein, um zu sehen, ob es in mein Instagram Feed passt. Ja, es sieht gut aus! Dann kann es jetzt hochgeladen und mit Hashtags versehen werden.

Die Kooperationsanfrage sowie die neu eingetrudelten Kommentare auf dem Blog beantworte ich schnell, denn ich muss mich jetzt fertigmachen – wir shooten heute! Outfit aussuchen, schminken, Kamera und Haarbürste einpacken, los gehts!

Draußen ist es saukalt und windig. Diana und ich reissen uns zusammen und machen eine gute Miene zum bösen Spiel. Nach jeweils 300 Bildern, tränenden Augen und Fingern, die sich vor Kälte nicht mehr bewegen können, latschen wir heim und trinken heißen Kaffee. Moment, bevor wir ihn trinken, machen wir noch Bilder – denn das Licht in der Wohnung ist gerade echt schön! Danach stellen wir die Softboxen auf und versuchen uns an einem Video für Youtube. Draussen ist es mittlerweile schon dunkel. Jetzt muss ich aber heim, denn ich möchte heute noch einen Post hochladen, und habe dafür weder schon fertig bearbeitete Bilder, noch einen Text.

Bevor ich mich an den Post mache, lade ich bei Lookbook und Instagram ein neues Outfit hoch, tagge und veröffentliche es.

Um 2.30 in der Nacht kann ich den neuen Post endlich veröffentlichen und falle ins Bett. Weit falle ich nicht, denn ich arbeite am Laptop eh meistens im Bett. Morgen wird ein langer Tag! Erst Mails beantworten, Rechnungen schreiben, dann ein Termin, dann ein Workshop. Wenn ich dann abends heim komme, muss ich das Video schneiden, denn am Dienstag habe ich kaum Zeit dafür – es wird wieder geshootet und meinem Beruf als Musikerin gehe ich ja auch noch nach.




Die Wochen vorher verbrachte ich mit stundenlangem Mailschreiben und alles für mein Blogger-Event organisieren, das am 25.2. stattfand. Am 24. habe ich einen riesigen Koffer mit Sachen in die Location gebracht, wo mir ein Koch sagte:

ach, du bist Bloggerin? Sag mal, was macht ihr denn überhaupt den ganzen Tag, dass muss ja wie Urlaub sein? Ihr macht doch nur ab und an paar hübsche Bilderchen! Ich will auch so einen Job!

Meine Fassungslosigkeit nach diesen Worten hat mich zu diesem Post inspiriert. Bloggen ist was Schönes, ist liebe es. Es ist kreativ und man ist sein eigener Chef. Aber genau das kann einem auch zum Verhängnis werden. Man setzt sich teilweise extrem unter Druck, weil man einfach selbst sein strengster Kritiker ist. Wieviele Shootings habe ich schon „umsonst“ gehabt, weil ich mit den Bilder nicht 100 prozentig zufrieden war und sie einfach nicht verwendet habe? Wie oft habe ich mich gefragt, warum die Klickzahlen plötzlich absacken, obwohl ich an der Qualität der Blogposts keinen Unterschied zu gut geklickten Posts feststellen konnte?

Man muss sich in diesem Beruf genauso zu Sachen überwinden, wie in einem anderen auch. Ja, ein Bauarbeiter strengt sich körperlich auf jeden Fall tausendmal mehr an, keine Frage! Aber auch psychischer Druck kann eine Arbeit anspruchsvoll machen.

Seien wir also nicht so oberflächlich.

Das, was oft „leicht“ aussieht, ist es meistens nicht mal ein bisschen! Auch meine Ballettlehrerin ist oft gefragt worden „Was? Sie tanzen? Ist das denn ein Beruf?“ – Ja man, verdammt!

Nur weil du in der Disco ein bisschen twerkst, heißt es nicht, dass beruflich Tanzen nicht ein knochenharter Job ist!

Und nur, weil du zuhause ab und an Spaghetti mit Tomatensauce kochst, bist du noch lange kein Koch!

Genauso wie ein paar Urlaubs-Bilder vor ausgelutschten Sehenswürdigkeiten oder schnöde Selfies dich noch keineswegs zum Blogger machen. So einfach ist das.


 

Alle Bilder stammen von meinem Instagram-Account :)

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